Shownotes
Das Daily Stand-up, auch Kanban-Meeting genannt, ist in vielen agilen, nicht-agilen und sonstigen Formen der Zusammenarbeit vertreten. Ich kläre den Namen, den Inhalt und wie wir mit der 15-Minuten-Timebox umgehen können.
Blogpost mit Fragen zum Kanban-Meeting.
Fragen und so an post@florianeisenberg.de
Viel Spaß!
Transkript
Das Daily Standup hat eine lange Tradition in der Kanban-Welt. Und klar, aus vielen anderen Kontexten kennen wir es auch. Mir begegnete auf einer Unkonferenz sogar mal einer, der das Daily Standup als den ersten Schritt zu mehr Agilität anpries. Das zumindest halte ich für eine sehr gewagte These, aber ich muss sie ja auch nicht vertreten. Allerdings muss ich auch sagen: Das Daily Standup hilft ungemein, einen gemeinsamen Blick auf die allgemeine Situation zu bekommen – egal, ob im Projekt oder in der schnelllebigen Dienstleistung. Wir sprechen gleich kurz über den Fokus des Treffens, aber zuerst müssen wir uns kurz den Namen angucken, denn das Daily Standup heißt gar nicht mehr so.
Lieber zuhören? Hier ist der Podcast:
Im Rahmen von verschiedenen Kanban-Implementierungen haben wir gesehen: Das Daily Stand-up muss man gar nicht täglich machen. Die Frequenz sollte angepasst werden. Faktoren sind dabei die Häufigkeit, in der neue Informationen auftauchen, die mit allen geteilt werden sollten, Kosten des Meetings und auch die Geschwindigkeit, mit der wir auf Veränderungen der Umwelt reagieren müssen. Als Beispiel: Es bringt herzlich wenig, sich jeden Tag oder häufiger vor ein Kanban-Board zu stellen, das die aktuellen Projekte im Unternehmen abbildet, wenn die Bewegung darauf nur wöchentlich oder sogar monatlich stattfindet. Und wenn wir uns nur täglich über eine akute Krisensituation austauschen, könnte das ein wenig zu selten sein.
Also: Das Daily Stand-up hat den einen Teil seines Namens eingebüßt. Dummerweise haben wir dann auch noch festgestellt, dass wir das Treffen gar nicht im Stehen machen MÜSSEN, wenn wir fokussiert bei dem bleiben, was wir herausbekommen wollen. Das Stehen ist ja nur so ein Krückstock, damit die Menschen im Meeting nicht zu lange sabbeln. Ich habe allerdings schon Stand-Ups gesehen, die fast eine ganze Stunde gingen. Da haben die Teilnehmenden echt Stehvermögen bewiesen. Da hat das also auch nicht funktioniert. Eine ordentliche, fokussierte Moderation wäre da sinnvoller.
Also auch nix mehr mit Stand-Ups. Tja. "Das Meeting, das früher als Daily Standup bekannt war" wäre zwar eine wundervolle Hommage an den Künstler Prince gewesen, aber wir könnten ja auch zur Einstimmung Purple Rain singen.
Stattdessen wurde es Kanban-Meeting getauft, das ist auch ein bisschen einprägsamer. Es wurde Kanban-Meeting aus dem Grund genannt, dass in diesem Meeting primär über offene Pull-Signale gesprochen werden sollte, die wir als kanban bezeichnen könnten. Also: Hier ist Kapazität verfügbar, welches Ticket sollte da jetzt hinwandern.
Entre-nous: Der Name hat sich eher im akademischen Teil der Kanban-Community durchgesetzt, auch wenn ich ihn eigentlich passend finde. Im populären Sprachgebrauch wird im Allgemeinen immer noch Stand-Up gesagt. Schade, aber vielleicht können wir das ja gemeinsam ändern!?
Haben wir den Namen jetzt also geklärt. Jetzt geht's an die Inhalte.
Ganz populär sind ja die Stand-Ups, bei denen durch die Reihe der Anwesenden Mitarbeitenden gegangen wird und jeder und jede ein paar Fragen beantworten soll. Sowas wie "Was habe ich seit dem letzten mal getan? Was will ich bis zum nächsten Mal erreichen?" und "Was blockiert mich gerade?" Guter Ansatz, wenn er nicht immer wieder blöde verwendet würde! Diese Fragen lenken nämlich unseren Fokus wieder auf die Menschen und ihre Kapazitäten. Jetzt kann man ankommen und sagen, dass man nur so herausfindet, wer ordentlich arbeiten und wer nicht, aber das ist ja Quatsch. Wenn man das nicht anders merkt als in so einem öffentlichen Treffen, sollte man das Problem nicht bei den Mitarbeitenden suchen.
Lasst uns den Fokus doch mal auf die Arbeit richten. Da kam uns das zweite Dienstleistungsprinzip der Kanban-Methode auch eigentlich zuvor. Es heißt nämlich: "Manage die Arbeit, lass die Menschen sich herum selbstorganisieren."
Wir sollen uns also auf die Arbeit fokussieren. Gut. Was gibt es denn da alles? Sowas wie: Zustandsübergänge, Fortschritt, Probleme in der Bearbeitung, Risiken, Deadlines in Gefahr, explodierende Kosten – also alles, was uns mehr Informationen über den aktuellen Zustand des Arbeitssystems und der Arbeit darin liefert. Kleine Erinnerung: Wir wollen in diesem Meeting ein gemeinsames Bild über den aktuellen Zustand unseres Arbeitssystems schaffen. Die konkreten Fragen, die wir stellen, sollten sich also daran orientieren.
In einem Kontext, in dem das Team selbst auch noch die Moderation dieses Treffens übernimmt, hat es jetzt auf einmal zwei Aufgaben: Das Monitoring, ob wir alle Aspekte der Sicht auf unser Arbeitssystem abgedeckt haben UND das Monitoring des Arbeitssystems selbst sowie das Erarbeiten von Strategien, um entstehende Probleme zu bearbeiten. Das ist ganz schön viel! Und vielleicht wird da auch ein bisschen klarer, warum sich dann so viele an die drei Fragen klammern, die ich vorhin erwähnt habe: Sie sind einfach, ich-bezogen und geben uns ein besseres Bild des Arbeitssystems, als wenn wir uns gar nicht austauschen. Ich plädiere da aber total dafür, eine Service-Delivery-Managerin zu haben, die darauf achtet, dass die wichtigen Aspekte der Situationsbeurteilung besprochen werden.
Vor einigen Jahren habe ich schon mal einen Blogpost geschrieben mit konkreten Fragen, die im Kanban-Meeting oder auch im Daily Scrum gestellt werden können. Einige Beispiele daraus sind:
- Welche Tickets werden sich bald bewegen?
- Darauf folgend kann man dann fragen: Haben wir ausreichend Kapazität im folgenden Schritt, um sie dann zu bearbeiten?
- Welche Tickets sind blockiert? Warum sind sie blockiert?
- Welche termingetriebenen Tickets können wir noch verzögern? Welche müssen sich bald bewegen?
Ich empfehle dir, dir zu überlegen, welche Dimensionen der Situationsbetrachtung du in deinem Kanban-Meeting haben möchtest. Dann pickst du ein paar Fragen heraus oder überlegst dir eigene und Ihr bearbeitet die in jedem Standup. Wenn man da Routine bekommt, läuft das dann auch von alleine.
Jetzt noch kurz was zur Länge. Irgendwie ist da so eine 15-Minuten-Timebox von Scrum rübergewandert. Timebox bedeutet, dass das Treffen nach 15 Minuten vorbei ist. Das wird häufig als "komme, was wolle" interpretiert. Ist aber natürlich Quatsch. Es wäre gut, wenn wir in 15 Minuten durch sind, weil das Meeting sonst sehr teuer und auch langweilig wird. Das wollen wir nicht. Du musst dir also die Frage stellen: Wie bekommen wir einen ausreichend guten Blick auf die Lage des Systems in möglichst wenig Zeit. Ich halte es da lieber mit Donald Knuth, dem das Zitat "Vorschnelle Optimierung ist die Wurzel allen Übels" zugeschrieben wird. Also lieber erst mal gucken, dass der Blick gut ist, dann die Kosten senken.
Zusammenfassend: Das Kanban-Meeting ist der Ort, um regelmäßig einen aktuellen Blick auf den Zustand des Arbeitssystems zu bekommen. Wir sprechen über verschiedene Dimensionen wie Fortschritt, Risiken, Blockaden und auch Kosten. Ich empfehle, nach den Kategorien Fortschritt, notwendige Kooperation, Blockaden und Risiken und wirtschaftliche Betrachtung über das Board zu gehen. Detaillierte Fragen findest du im verlinkten Blogpost auf meiner Webseite.
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